"Eine Utopie ist ein Phantasiebild einer Gesellschaft, das Lösungsvorschläge für ganz bestimmte ungelöste Probleme der jeweiligen Ursprungsgesellschaft enthält, und zwar Lösungsvorschläge, die entweder anzeigen, welche Änderungen der bestehenden Gesellschaft die Verfasser oder Träger einer solchen Utopie herbeiwünschen oder welche Änderungen sie fürchten und vielleicht manchmal beide zugleich. Man könnte noch einen Schritt weiter gehen. Ich vermute, daß sich alle Utopien als Furcht- oder Wunschgebilde auf akute Konflikte der Ursprungsgesellschaft beziehen. ... Zu den Schlüsselaufgaben der Utopieforschung gehört es dementsprechend, die offenen menschlichen sozialen Probleme, insbesondere auch die Spannungen und Konflikte zu bestimmen, deren erwünschte oder unerwünschte Lösungsmöglichkeiten einer Utopie vorführt, und zu erklären, warum der Verfasser und der übereinstimmende Teil seines Publikums oder im weiteren Sinne die Träger einer Utopie überhaupt, gerade diese Lösung zeitgenössischer (und durch sie hindurch vielleicht auch umfassendere menschliche) Probleme, also z. B. gerade diese spezifische Art einer Konfliktbewältigung, ins Visier bekam und befürwortete." (Autorenreferat)
Quelle: SOLIS (c) IZ Sozialwissenschaften, Bonn