Von allen Lebewesen verfügen nur die Menschen über das Wissen, daß sie sterben müssen, und damit über den Tod als Problem. In soziogenetischer und psychogenetischer Perspektive betrachtet Elias in diesem Essay die Tendenzen zeitgenössischer Gesellschaften und der ihnen zugehörigen Persönlichkeitsstrukturen, die für die Besonderheit des Todesbildes und damit für die Art und das Ausmaß der sozialen Verdrängung des Todes in den entwickelteren Nationalgesellschaften verantwortlich sind - insbesondere die Verlängerung der durchschnittlichen Lebenserwartung, die Vorstellung vom Tod als Endstation eines Naturablaufs, die viel dazu beiträgt, die Beunruhigung durch den Tod zu mildern; das relativ hohe Maß der inneren Befriedung dieser Gesellschaften, womit zusammenhängt, das die Menschen zumeist eine ganz bestimmte Form des Sterbens - nämlich die im Bett - vor Augen haben; der hohe Grad und das Muster der Individualisierung. Die frühzeitige Vereinsamung des Sterbenden gerade in den entwickelteren Gesellschaften zeugt von einer allzu begrenzten Identifizierung der Menschen miteinander. (MH2)
Quelle: SOLIS (c) IZ Sozialwissenschaften, Bonn