In dem Beitrag wird sowohl eine Geschichtsschreibung kritisiert, die sich auf ihre Armut expliziter Theorie lange etwas zugute gehalten hat, als auch eine geschichtsfeindliche Soziologie. Zunächst wird gefragt, was das Objekt der Geschichtsschreibung eigentlich ist. Die geringe Autonomie der Geschichtsforschung gegenüber den akuten Spannungen und Auseinandersetzungen der Staatsgesellschaften wird herausgearbeitet. Vor diesem Hintergrund wird das Verhältnis von Geschichtsschreibung und Soziologie analysiert, in dem das Problem der Einmaligkeit geschichtlicher Ereignisse eine zentrale Rolle spielt. Diese Einmaligkeit wird problematisiert. Die Einstellung der Historiker, daß sie sich nicht mit Gesellschaften, sondern nur mit Individuen befassen wird überprüft. Dies geschieht am Beispiel des Zeitalters Ludwigs XIV. Es wird deutlich, daß Modalitäten wie Einmaligkeit und Wiederholbarkeit nur Symptome für Struktureigentümlichkeiten der Geschehenszusammenhänge sind. Anhand dieser Grundprobleme der historischen Forschung wird ihr Verhältnis zu den Problemen der Soziologie formuliert. Dabei wird gezeigt, in welcher Weise und warum soziologische Untersuchungen die der Geschichtsforschung umorientieren. Herausgearbeitet wird, daß das Bemühen um eine fruchtbare Koordination der historischen und der soziologischen Arbeit gegenwärtig daran scheitert, daß es an einem einheitlichen theoretischen Rahmen fehlt. Die Überlegungen führen zu dem Ergebnis, daß es für die Geschichtswissenschaft nützlich sein kann, soziologische Modelle langfristiger Prozesse, etwa die des Zivilisationsprozesses und der Staatenbildung, oder Modelle spezifischer Figurationen innerhalb solcher Prozesse zu prüfen. (KW)

Quelle: SOLIS (c) IZ Sozialwissenschaften, Bonn