Die Art, wie Männer und Frauen in Ehen und festen Beziehungen voneinander abhängig sind, hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten gründlich verändert; und entsprechend haben sich die Probleme verändert, die sie miteinander und mit sich selbst haben. Im Bongerd, einem niederländischen Zufluchtshaus für Frauen in Not, wo die zugrundeliegende empirische Untersuchung über ein Jahr durchgeführt wurde, wurden fast alle Frauen aus Anlaß einer Krise im Zusammenleben mit ihrem Mann aufgenommen. Die Autoren beschreiben und interpretieren die Probleme dieser Frauen in Anlehnung an den amerikanischen Soziologen C. Wright Mills. In dem Zwiespalt über Rückkehr oder Nicht-Rückkehr (zum Ehemann), in dem sich so viele Frauen im Bongert befanden, spiegeln sich die Machtverschiebungen zwischen den Geschlechtern wider, die seit den 60er Jahren eingetreten sind. Sie äußerten sich in den unterschiedlichen und oft gegensätzlichen Forderungen, die die Frauen an sich selbst, an ihren Mann und an den Umgang mit ihm stellten. Viele Frauen im Bongerd hingen jedoch an einem Figurationsideal harmonischer Ungleichheit, an dem Bild der schwächeren Frau, die von ihrem starken Mann beschützt und umsorgt wird und die zusammen mit ihm eine glückliche Familie gründet. Der innere Zwiespalt in der Form, wie er bei den Frauen im Bongerd angetroffen wurde, wird als ein soziales und psychisches Merkmal von Arbeiterfrauen ihrer Generation aufgefaßt. Soziologisch wie psychologisch betrachtet bilden alle diese Frauen zusammen eine Zwischengeneration, die sich nicht nur das ältere Ideal harmonischer Ungleichheit zwischen Mann und Frau zu eigen gemacht hatte, sondern daneben auch die neuere moralische Sichtweise, in der die Ungleichheit prinzipiell verworfen wurde. (TR) 

Quelle: SOLIS (c) IZ Sozialwissenschaften, Bonn