Norbert Elias und die Kultursoziologie der Moderne

Helmut Kuzmics und Ingo Mörth

(Einleitung zu: dies. (Hg.): Der unendliche Prozeß der Zivilisation. Zur Kultursoziologie der Moderne nach Norbert Elias. Frankfurt/M. 1991: Campus (S. 7-31)

1. Zum kultursoziologischen Kontext der Zivilisationstheorie

Man muß heute, zumindest im deutschen Sprachraum, die Bedeutung des Elias'schen Lebenswerkes für die Weiterentwicklung der zeitgenössischen Soziologie nicht mehr eigens in der Weise herausstreichen, die für die Anfangsphase der Aufnahme seines Werkes angemessen und auch üblich war: in einem Gemisch aus Staunen und Verwunderung, daß man einen so gewichtigen Beitrag bisher hatte übersehen können, worin sich freilich auch Stimmen aus etablierten Lagern mengten, die den Neuankömmling aus den verschiedensten Gründen mit weniger Wohlwollen bedachten. Aber heute ist, falls man diese martialische Metapher gestattet, die Schlacht geschlagen, der Rauch hat sich verzogen, "Über den Prozeß der Zivilisation" ist zu einem Bestseller geworden; und Elias nicht zu kennen, bedeutet nur mehr eine (relativ große) Bildungslücke.

Das gilt sicherlich auch für Elias' Stellenwert in der Kultursoziologie und für die soziologische Diskussion der sogenannten "Moderne". Mit der Wahl dieser Bezeichnungen begibt man sich übrigens auf ein glitschiges Terrain - Elias hat seine Zivilisationstheorie und seine ganze Art zu denken nicht entwickelt, um das Reich des Ideellen von dem des Materiellen abzutrennen (vgl. seinen begriffsgeschichtlichen Einstieg über "Kultur" und "Zivilisation" in "Über den Prozeß..." (1969Nger1, S. 1-64), was der vom deutschen Idealismus belastete Ausdruck "Kultur" immerhin nahelegt (dies sei damit explizit vermieden!), und von der "Moderne" spricht er so gut wie nie. Insoferne jedoch sich auch die neuere Kultursoziologie immer mehr umfassend als kulturwissenschaftlich und kulturanthropologisch vertiefte und erweiterte allgemeine Soziologie begreift (S.  z.B. Tenbruck/Lipp 1979, Lipp 1984, Rehberg 1986, Tenbruck 1989)[1], ist der Ansatz von Norbert Elias, sind seine Ergebnisse über den Wandel von Kultur, Psyche und Gesellschaft in zivilisatorischen Prozessen, und mehr noch seine Fragestellungen zu einem unverzichtbaren Teil einer Kultursoziologie geworden, die die Entstehung der Moderne analysieren und ihre gegenwärtigen Veränderungen begreifen will (vgl. ausführlicher Rehberg, in diesem Band). Das vorliegende Buch verwendet daher trotz mancher damit verbundener Probleme (die Vorbelastung und Unschärfe der Konzepte "Kultursoziologie" und "Moderne", [2] ihre gewisse Distanz zum Kontext des Elias'schen Denkens) diese Bezeichnungen. Dies kann man einerseits mit ihrer Gängigkeit sowie damit rechtfertigen, daß sich ganz bestimmte Leseerwartungen im soziologisch interessierten Fachpublikum herausgebildet haben. Andererseits ist der von uns gewählte Untertitel "Zur Kultursoziologie der Moderne nach Norbert Elias" auch programmatisch zu verstehen: als nachdrückliches Plädoyer dafür, im Kern des Diskurses über "Struktur" und "Kultur" der Moderne (Münch 1984, 1986) die Sozio- und Psychogenese zivilisatorischer Prozesse als analytischen Bezugspunkt ernst zu nehmen.

Das Symposium "Zivilisationstheorie und die Kultur der Moderne" [3] in dessen Kontext die Beiträge dieses Buches entstanden, hatte demgemäß die Zielsetzung, Elias' Begriff der Zivilisation (als langfristiger Strukturwandel der Seele und der Gesellschaft, in Richtung umfassender werdender und engmaschigerer Kontrollen des "Affektiven") für das Verständnis von Problemen der Gegenwartsgesellschaft fruchtbar zu machen - angesichts einer Kritik, die diese Eignung bestritt, mit Verweis auf jene bloße Geschichte der Manieren von Oberschichtenangehörigen, die Elias' Gegenstand angeblich vor allem gewesen sei. Trotz entsprechender Bemühungen seit Beginn der 70er Jahre in der holländischen und englischen Soziologie zur Rezeption und Weiterentwicklung Elias'scher Fragestellungen und trotz etlicher deutschsprachiger Veröffentlichungen auch zur Einbindung von Norbert Elias in den soziologischen Diskurs um eine "Kultur der Moderne" (für Beispiele der Rezeption und Diskussion in in den drei Sprachräumen siehe den 2. Abschnitt der Bibliographie) hatte - als explizite Verbindung von Zivilisationstheorie, Kultursoziologie und Analyse der Moderne - ein derartiges Symposium noch ein wenig Pioniercharakter. Dementsprechend offen und breit war das Konzept angelegt. Es wurde etwa nicht zwischen der Moderne als Gegenwartsgesellschaft und der Moderne als Komplex spezifischer Elemente derselben unterschieden; und die Liste der Probleme blieb sehr unbestimmt. Sowohl die Entfaltung der Moderne sollte - in Ergänzung zu Elias- aus der Sicht einer historischen Soziologie nachgezeichnet, als auch ihre aktuelle Entwicklung bis zur Gegenwart zivilisationstheoretisch - in Fortführung Elias'scher Fragestellungen - analysiert werden. Auch die Frage nach der wissenschaftstheoretischen Besonderheit und Leistungsfähigkeit von Elias' Ansatz stand zur Diskussion.

Umfassend und systematisch konnten diese drei Bereiche, in denen die Fruchtbarkeit eines derartigen Zugangs zur Moderne zu erweisen war, nicht abgedeckt werden, und auch dieser Band kann und will diesen Anspruch nicht erheben. Wichtige Themen sind ausgeklammert, wie etwa die Situation nichtwestlicher Gesellschaften und ihr Verhältnis zur "Orientierungskultur" der abendländischen Zentren (vgl. hier z.B. Bitterli 1976, Wendorff 1984, Mörth 1986b), ebenso wenig sind alle Probleme der Moderne vertreten: Es fehlen, um nur Beispiele zu nennen, der Nationalismus und der Krieg, der Sozialismus und sein Zusammenbruch und wahrscheinlich noch etliches andere. Aber in einer hinreichenden Anzahl finden sich Überlegungen zu den Problemen des Zusammenlebens in den technisch und ökonomisch so viel weiter als im 18. Jhdt. entwickelten Industriegesellschaften des Westens und zur Frage, was zu deren Klärung der zivilisationstheoretische Ansatz mit seiner Betonung des erklärenden Stellenwerts von Langfristprozessen beitragen kann.

 

 2. Norbert Elias und die "Kunst des Fragens"

Der Prozeß der Zivilisation scheint unendlich; er kommt aus grauer Vorzeit und führt in eine unüberschaubare Zukunft. Die vielen Zivilisationsprozesse , von denen man (u.a. mit Rehberg, in diesem Band) besser reden sollte, weisen eine unendliche Vielfalt auf. Der einzelne Mensch ist dagegen ein sehr endlicher Prozeß - Norbert Elias ist im Sommer des Jahres 1990, im Alter von 93 Jahren, gestorben. Sein Denken wird weiterleben. Diese Einleitung ist kein Nachruf, es ist hier nicht der Ort dafür. Aber vielleicht ist es gerechtfertigt, sich einige Gedanken über Werk und Person jenes unbeugsam nach Wahrheit strebenden und von Modeströmungen unbeirrbaren Soziologen zu machen, der Elias war.

Es ist dabei nicht beabsichtigt, Elias' Werk systematisch oder historisch ("Werkgeschichte") darzustellen, wie es für Max Weber unzählige Beispiele gibt, und mittlerweile auch für Elias selbst (Goudsblom 1979a, Korte 1988, Mennell 1989, Elias 1990Bger1). Noch weniger ist die Verknüpfung von Werk- und Lebensgeschichte unser Anliegen. Aber als hilfreich erscheint es, einen Überblick über Elias' Kunst des Fragens zu geben. Gute Fragen sind halbe Antworten, und vielleicht gewinnt man durch sie auch einige Anhaltspunkte für die Diskussion der "Moderne" und für die Analysen und Vorschläge, die dazu in etlichen Beiträgen dieses Bandes gemacht werden.

Elias' Arbeiten lassen sich, grob gesprochen, nach zwei Gliederungsmerkmalen ordnen: Geht man inhaltlich vor, so haben wir Arbeiten zu Prozessen der Zivilisierung und zur Wissens- und Wissenschaftsentwicklung; orientiert man sich an der Nähe zum Gegenstand des Forschens  - der Menschen in ihrer Gruppenexistenz - so findet man Arbeiten, die in dem Sinne empirisch sind, daß

Zu a) gehören z.B. "The Established and the Outsiders" (Elias/Scotson 1965Beng1), eine empirische Untersuchung reinsten Wassers, weiters Teile der "Studien über die Deutschen" (Elias 1989Bger1), soweit sie sich auf Elias' Fähigkeiten als teilnehmender Beobachter beziehen. 

Zu b) gehören vor allem die Hauptwerke "Über den Prozeß der Zivilisation" (1969Nger1, 1969Nger2) und "Die Höfische Gesellschaft" (1969Bger1), etliche sportsoziologische Arbeiten (S.  Elias/Dunning 1983Bger2, wie z.B. zum mittelalterlichen Fußball oder zur Fuchsjagd), die Arbeit über Thomas Morus' Utopie (1982Ager3) etc. Eine so enge Verbindung zwischen psychologischen Modellen und historischer Quelleninterpretation (insbesondere der Entdeckung der Etikettefibeln) wie in seinen Hauptwerken hat Elias später nicht mehr angestrebt; insofern gibt es einen gewissen Bruch in seinem Gesamtwerk. Vergleichsweise materialreich sind noch seine "Studien über die Deutschen", allerdings weniger akribisch aufgearbeitet als "Über den Prozeß"; aber es gibt dort ebenfalls viele Belege aus der schönen Literatur, aus Memoiren von Zeitgenossen und aus wissenschaftlichen und weniger wissenschaftlichen Darstellungen, alles miteinander verschmolzen in der ungewöhnlichen Synopsis, zu der Elias imstande ist.

Zu c) kann man wissens- und wissenschaftssoziologische Arbeiten rechnen, darunter vor allem "Engagement und Distanzierung" (1983Bger1), "Über die Zeit" (1984Nger1), "Gesellschaft der Individuen" (1987Bger1) sowie seine Arbeit über wissenschaftliche Establishments (1982Aeng2), seine Spielmodelle und andere konzeptuelle Innovationen (wie die Fürwörterserie) in "Was ist Soziologie?" (1970Bger1); sowie seine Äußerungen zu Popper (1985Ager2), zur Philosophie und zu Tendenzen in den zeitgenössischen Sozialwissenschaften (z.B. 1983Nger1), die er kritisiert (wie "Zustandsreduktion", "homo-clausus"-Denken, narrativistische Geschichtsschreibung). All dies ist in den o.a. Werken, darüber hinaus in verschiedenen Artikeln und in Einleitungen, ein wenig verstreut zu finden. Diese Arbeiten werden in ihrer wissenschaftstheoretischen Bedeutung ausführlicher in den Beiträgen von Gerhard Fröhlich und Artur Bogner dargestellt und diskutiert. Hier sei nur festgehalten, daß sie auf einem hohen Syntheseniveau geschrieben sind, ohne deswegen unempirisch zu sein (das macht sogar den Unterschied zu anderen "Theoriebeiträgen" aus); Elias diskutiert zentrale Begriffe, wie das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft, die Zeitstruktur des Sozialen immer an konkreten Beispielen und in wissenssoziologischer Reflexivität bezüglich der Genese der zentralen Begriffe. Aber die gesellschaftlich-prozessual verstandene Wirklichkeit hat hier einen anderen Stellenwert als im "Prozeß"; wenn er z.B. Stufen der Entwicklung von "Überlebenseinheiten" in Zusammenhang bringt mit dem Modell von "Wir-Ich-Balancen", so hat das einzelne empirische Detail einen eher illustrierenden Charakter. Wir sind hier in jenem Übergangsfeld von Methodologie, Methodologiekritik und inhaltlichen Annahmen über zentrale Eigenschaften menschlicher Gesellschaften, das auch von anderen "Theoretikern" beackert wird und das man - scheinbar nach Laune - entweder der Methodologie oder der "Sozial"- oder "Gesellschafts"theorie zuschlagen kann (den Wert solcher Etiketten würde Elias mit Sicherheit bestreiten).

Diese Dreiteilung nach der Nähe zum Gegenstand haben wir im Hinterkopf, wenn wir im folgenden festhalten wollen, wie Elias fragt.

 

Das Rätsel der Gewaltkontrolle

"Wie wird, das war mit anderen Worten die Frage, aus jener reichlich dezentralisierten Gesellschaft des frühen Mittelalters, in der viele, größere und kleinere Krieger, die wahren Herren der abendländischen Gebiete sind, eine jener im Inneren mehr oder weniger befriedeten, nach außen gerüsteten Gesellschaften, die wir 'Staat' nennen?" (Elias 1969Nger1, S. LXXVIf).

Das ist wohl eine der Hauptfragen Elias', nicht nur in "Über den Prozeß der Zivilisation", sondern in seinem Lebenswerk, und die Formulierung stellt hier bewußt das Rätsel der Entwicklung des heute Selbstverständlichen in das Licht der Aufmerksamkeit. Wir neigen dazu, trotz aller Wechselfälle unserer jüngeren Geschichte, die Friedlichkeit im Inneren heutiger Staatsgesellschaften als selbstverständlich hinzunehmen. Von den Begleiterscheinungen (ökonomischer) Differenzierung und (politischer) Integration ist in der Soziologie oft die Rede gewesen (es kann auch umgekehrt sein!) - und unmerklich wird dabei genauso oft, ohne etwas erklären zu können, das Rätsel der Gewaltkontrolle eliminiert. Normativen Vorstellungen gemäß geht es auch heute viel zuwenig friedlich zu; Elias stellt dagegen "die Linse anders ein", wie er selbst einmal formulierte.

"What kind of society is it where more and more people use part of their leisure-time to take part in or to watch these non-violent contests of bodily skill and strength that we call 'sport'?" (Elias/Dunning 1986Beng1, S. 19)

Diese Frage steht also auch im Zentrum seiner Sportsoziologie; und sie stellt sich Elias vorrangig, wenn er die Durchbrechungen des staatlichen Gewaltmonopols studiert, die die jüngere deutsche Vergangenheit gekennzeichnet haben.

"Wie ist es möglich, daß so viele Menschen normalerweise friedlich miteinander leben können, ohne Furcht, von Stärkeren ge- oder erschlagen zu werden - so friedlich, wie das in den großen Staatsgesellschaften Europas, Amerikas, Chinas oder Rußlands in unseren Tagen gewöhnlich der Fall ist?" (Elias 1989Bger1, S. 227)

Die klare und einfache Sprache in Elias' Fragestellungen tut wohl in einer Zeit, in der Soziologen unter Hypertrophien ihres Jargons zunehmend leiden (von den Laien, die von den gestelzten Diagnosen zur Zeit profitieren sollen, einmal ganz abgesehen). Vielleicht hat die Einfachheit, Bestimmtheit und Klarheit der Elias'schen Sprache damit zu tun, daß Elias die Fähigkeit entwickelt hat, genau hinzusehen. Schon sein früher Aufsatz in der Zeitschrift des jüdischen Wanderbundes (1921Ager1) trägt den Titel "Vom Sehen in der Natur" (S.  Korte 1988, S. 80ff.). Seine Metaphern sind oft im wahrsten Sinn des Wortes "Bilder", die "anschaulich" sind, Elias ist kein Autor gewesen, der sich mit leerem Begriffsgeklingel abgegeben hätte, er hatte sein Objekt im Auge. In Ghana, seiner ersten (!) Professur (1961-1963), nützt er die Gelegenheit, die Stieropfer der alten Griechen wie folgt zu verstehen:

"Für uns ist das Literatur und wir sehen auf dem Parthenonfries, wie der Stier zum Altar geführt und geopfert wird. Aber ich wollte das alles einmal mit eigenen Augen sehen - die hervorquellenden Eingeweide, das spritzende Blut. Ich denke, das ist eine Erfahrung, die wir als zivilisierte Menschen auf unserer Zivilisationsstufe nicht mehr reproduzieren können; es ist ganz falsch, daß wir diese Dinge nur als literarische Metaphern auffassen." (Elias 1990Bger1, S. 87)

Dieses genaue Hinsehen macht Elias sensibel dafür, wie leicht einem der Blick auf etwas verstellt werden kann ("ein Nachklang der bürgerlichen Kampfstellung gegen den Hof und die durch das Hofleben geprägten Menschen ... verstellt wohl heute noch oft den Blick für die repräsentative Bedeutung der Höfe und der höfischen Gesellschaft" (Elias 1969Bger1, S. 62)). Es ist ihm stets ein zentrales Anliegen, den "Schleier der Mythologie zu durchbrechen", um Dummheit und Lüge zu korrigieren (Elias 1990Bger1, S. 49). Von Hitlers Rede in Frankfurt etwa erinnert sich Elias, "wie er am Ende die die Kinder segnete. Das hatte ich nie zuvor erlebt" (ibidem, S. 61). Elias "sieht deutlicher" als manche selbst der heutigen Historiker, "daß sich die ganze Machtbalance in Deutschland veränderte, weil das Heer in den Händen der traditionellen Konservativen war und nicht der Regierung als Instrument diente" (Elias 1990Bger1, S. 59). Beispiele für Elias' "genaues Hinsehen", für seine Umsetzung der Erfahrung kulturell oder historisch bedeutsamer Details in Analysen großer Reichweite gibt es im gesamten Werk und auf allen o.a. Stufen der Nähe zum Gegenstand.

Wenn hier nun betont wurde, wie beobachtungszentriert Elias' Denkweise ist, so läßt das noch vieles unklar. Elias hatte immer Sinn für das "strategische" Detail, und was das Detail zu einem (erklärungs-)strategischen macht, hängt in aller Regel vom begrifflich geprägten Vorverständnis ab. Elias sieht sich genötigt, gerade, wenn es anschaulich wird, die möglichen Unterschiede, die Kontraste, ganz besonders klar und scharf herauszuarbeiten. Dieses Bewußtsein ist schon im Aufsatz "Vom Sehen in der Natur" (Elias 1921Ager1) zu finden; Elias drückt dort aus, daß das Sehen immer zugleich ein reflexiver Akt ist - daß man sich mit sozial geformten kognitiven Strukturen "der" Natur nähert.[4]

 

Das Rätsel gesellschaftlicher Verflechtung

Eines der zentralen Themen Elias', das ihn sein ganzes Leben bewegt hat, ist das Rätsel gesellschaftlicher Verflechtung selbst.

"Wie ist es möglich, dies ist die Frage, daß sich durch das gleichzeitige Dasein vieler Menschen, durch ihr Zusammenleben, ihr Ineinander-Handeln, durch ihre gesamten Beziehungen zueinander etwas herstellt, das keiner der Einzelnen, für sich betrachtet, bezweckt, beabsichtigt oder geschaffen hat, etwas, dessen Teil er ist, ob er will oder nicht, ein Gefüge interdependenter Individuen, eine Gesellschaft?" (Elias 1987Bger1, S. 26f.)

In Fragestellungen wie diese fließt schon sehr viel an von vornherein vorhandener Einsicht ein; Elias schließt unangemessene teleologische Sichtweisen aus, eine Orientierung nur an der Sinnhaftigkeit sozialen Handelns und jenen Voluntarismus, der Beschränkungen aus Interdependenz am liebsten nicht zur Kenntnis nehmen möchte; und "Ordnung", "Struktur" sind alles andere als selbstverständlich.

Vielleicht kann hier das Interview (Elias 1984Ined2, deutsch in Elias 1990Bger1) der holländischen Soziologen mit Elias über sein Leben - von der Kindheit in Breslau, seiner Erfahrung von Krieg, Zwischenkriegszeit und Vertreibung, von der Bewältigung des Exils (vierzig Jahre England), über die lange Zeit des Nichtbeachtetseins als Soziologe bis zur späten Anerkennung - einen gewissen Aufschluß geben. Elias macht hier seine Grundüberzeugung deutlich: Menschen handeln nie nur aus eigener Wahl.[5] Vielleicht hängt mit dieser Grundüberzeugung Elias' besondere Auseinandersetzung mit sozialen Prozessen zusammen, die gegen den Willen der Beteiligten Resultate hervorbringen; ob dies nun auf der Ebene subrationaler psychischer Prozesse oder "blinder" Makroverflechtungen verursacht sein mag.

Wenn sich bestimmte - uns vertraute - Ordnungen nicht herausbilden (oder nur in schwächerer Form), dann fragt Elias so:

"War es eine besondere Unfähigkeit, die die amerikanischen Staatsmänner lange Zeit hindurch daran hinderte, in ihrem Lande öffentlich kontrollierte Zentralinstitute von der gleichen Stärke und Stabilität herauszubilden wie in Europa?" (Elias 1987Bger1, S. 78)

Das ist nicht nur didaktische Anschaulichkeit; damit problematisiert Elias eine ganze geschichtswissenschaftliche Sichtweise (Geschicke der Staatsmänner und ihrer Taten). Die Annahme eines sozialen Kräfteparallelogramms, das Zentralinstitute verhinderte, steht als Erklärung stillschweigend dahinter, Bei vielen soziologischen Erörterungen gesellschaftlicher Ungleichverteilungen von Reichtum, Macht und Einfluß schwingt das normative Bild einer gerechten, wünschenswerten Ordnung mit - oder mehr noch: Unter der Norm der Herrschaftsfreiheit begreift man existierende Hierarchien nur mehr als überwindungsbedürftige Atavismen, die für sich selbst gar nicht mehr so viel an Erklärung benötigen. Statt dessen dreht Elias die Selbstverständlichkeiten um, die bei der Forderung nach gesellschaftlicher Emanzipation immer mitschwingen, und formuliert ein Erklärungsproblem:

"Man fragt nicht mehr nach einer Erklärung dafür, warum in allen diesen genannten Gesellschaften das oligarchische Regime kleiner dynastisch-agrarisch-militärischer Privilegiertengruppen in irgendeiner Weise bald früher, bald später einem oligarchischen Parteiregime Platz machte, ob es nun den Charakter eines Vielparteien- oder Einparteienregimes hatte." (Elias 1970Bger1, S. 69)

Nicht das Alphabet einer strukturfunktionalistischen Modernisierungskonzeption, auch nicht die an bestimmten Forderungen sich orientierenden Vorstellungen von Demokratisierung in marxistischen Varianten des Theoretisierens scheinen geeignet, dieses schlichte Rätsel zu lösen, da meistens schon seine Grundstruktur verzeichnet oder gar ignoriert wird.

Generell wendet sich Elias gegen jene, die es zulassen, daß Wünsche und Befürchtungen ihre Sicht von den Dingen trüben. "Mein stärkstes Gefühl war damals (in Heidelberg, d. Verf.), glaube ich, daß so furchtbar viel Falsches über die menschliche Gesellschaft verbreitet wurde." (Elias 1990Bger1, S. 49) Hier traf er sich, nach eigenen Worten, mit Mannheims These, daß alles Denken Ideologie sei, um aber über Mannheim hinaus zu einem nichtideologischen Bild der Gesellschaft gelangen zu wollen. Dabei ist für Elias' wissenssoziologisch-genetische Betrachtungsweise ein von Parteinahme freieres ("distanzierteres", "weniger engagiertes") sozialwissenschaftliches Vorgehen nicht einfach eine selbstverständlich sinnvolle Norm, sondern durchaus auch ein soziologisches Erklärungsproblem:

"Wie war es überhaupt möglich, daß Menschen in einer Periode so starker gesellschaftlicher Auseinandersetzungen sich von diesen Kämpfen und Kampfparolen genügend zu emanzipieren vermochten, um auch nur den Beginn zu einem wissenschaftlichen Bemühen um die Aufhellung gesellschaftlicher Zusammenhänge machen zu können?" (Elias 1970Bger1, S. 65)

Wieder empfiehlt Elias, lieber das Gegenteil als den "Normalfall" anzusehen - es gibt gute Gründe, daß diese Perspektive, die in der Physik oder der Biologie schon längst gelungen ist, den Menschenwissenschaften noch immer sehr schwer fällt.

 

 

Das Rätsel gesellschaftlicher Entwicklung

Ganz unabhängig von der linguistischen "Wende" der Soziologie mit ihrer Entdeckung des späten Wittgenstein war auch die wechselseitige Erklärung von Sprachgebrauch und "Lebensform" im "Alltag" ständiges Problem der Elias'schen Wissenssoziologie.[6]

Die wissenssoziologische Betrachtung erstreckt sich bei Elias auf das Rätsel gesellschaftlicher Entwicklung generell, insofern ein wesentliches Element dieser Entwicklung die Veränderung in Wissensbeständen und Anschauungsformen ist. Elias dreht dabei wieder die Selbstverständlichkeiten um - gesellschaftliche Entwicklung im Sinne des Wissensfortschritts wird beinahe zum Ausnahmefall, Stagnation zum Normalfall:

"Wie war es Menschen möglich, ein emotional hoch befriedigendes Bild der Welt aufzugeben und stattdessen ein Bild zu akzeptieren, das zwar realistischer war, aber die Menschen aus dem Zentrum der Welt in eine Randposition verwies und darum emotional einigermaßen unbefriedigend war?" (Elias 1983Bger1, S. 112)

Elias wurde in schöner Regelmäßigkeit mit dem Vorwurf bombardiert, ungerechtfertigte teleologische Erklärungen ("Evolutionismus" wird hier zum Schimpfwort) für das Phänomen gesellschaftlicher Entwicklung gegeben zu haben [7]. Darum ist es interessant, was Elias in dem schon mehrfach herangezogenen Interview für die größten wissenschaftlichen Sünden hielt. Auf die Frage der Interviewer: "Fühlten Sie sich (in Breslau, Anm. d. Verf.) als Teil der jüdischen Gemeinde?" antwortete Elias: "Das, entschuldigen Sie, unterstellt eine Bewußtseinsebene, die ich sicher nicht hatte ..." Ähnlich drückt er sich aus, wenn er gefragt wird, ob Deutschland - im Jahre 1935, als er noch einmal seine Eltern besuchte - von ihm nicht als ein "gefährliches Land" empfunden worden sei. Elias gibt unter anderem zur Antwort, daß das Gefühl einer akuten Lebensgefahr damals nicht bestanden habe, das sei eine "Projektion von später her". Erklärungen müssen sich auf den Wissensbestand beziehen, den Personen zur Zeit ihres Handelns tatsächlich haben, und sie dürften nicht, aufgrund von Wunsch- oder Trugbildern, Prozeß und Absicht, Handlung und Resultat, miteinander verschmelzen - wenn es gerade eine Eigenschaft des Prozesses war, unvorgestellte und möglicherweise unvorstellbare Konsequenzen zu haben. [8]

 

Das Rätsel der Geschichtlichkeit

Die Beispiele für Elias' Technik des Wieder-zum-Rätsel-Machens sind Legion. Viel ist schon zum Verhältnis von biologischer Bestimmtheit des Menschen zur kulturellen Formbarkeit gesagt worden, aber selten wurde so prägnant gefragt:

"Welche biologischen Struktureigentümlichkeiten der Menschen machen Geschichte möglich?" (Elias 1970Bger1, S. 114)

Daß diese Geschichte in einer Reduktion auf Ausschnitte der jeweils erlebten Gegenwart wieder vergessen werden kann (zum Schaden für das Orientierungsvermögen in dieser Gegenwart), macht Elias auch mit Bildern deutlich, wie dem vom hohen Turm, in dem eine Gruppe von Menschen immer höher steigt (von Generation zu Generation), bis sich schließlich niemand mehr daran erinnern kann, wie man so hoch hinauf gelangt war (Elias 1984Nger1, S. 115). Oder man vergegenwärtige sich das Bild von den "denkenden Statuen", die einander nicht sehen, berühren, hören können, in beinahe tragischer Weise aber dazu verurteilt sind, sich über sich und ihresgleichen Gedanken machen zu müssen (Elias 1987Bger1, S. 157). Mit diesem Bild will Elias die "homo clausus"-Konzeption vom Menschen bei Descartes und den ihm nachfolgenden Philosophen erhellen, die auch methodologische Fragen aufwirft:

"Es ist schön und gut, (...) gesellschaftliche Gebilde einfach als Beziehungen zwischen einzelnen Menschen darzustellen. Aber da man nur die letzteren, nur die einzelnen Menschen mit Sinnen wahrzunehmen vermag - ist nicht alles, was man über solche Beziehungen aussagen kann, indirekt aus Beobachtungen, die man an einzelnen Menschen macht, erschlossen? Da man Beziehungen als solche nicht direkt wahrnehmen kann - wie ist es möglich, sie zu erforschen?" (Elias 1987Bger1, S. 130) [9]

Die grundsätzliche Ausgerichtetheit des Menschen auf seine Gruppenexistenz, auf andere, wird im "homo clausus"-Denken so verdunkelt, meint Elias, daß Denkgewohnheiten dauerhaft irregeleitet werden. Dagegen hat Elias die Aufeinanderbezogenheit der Menschen immer wieder herausgestellt, bei gleichzeitig hohem Grad der Unverwechselbarkeit, Unterscheidbarkeit, Individualität des einzelnen im Vergleich zu allen anderen Tieren - mit einer Sprache, die von "Fremden" nicht verstanden werden kann.

"Man kann es dem 21. Jahrhundert überlassen - und dann hoffentlich der Teilnahme von Menschen aller Erdteile -, eine schlüssige Antwort auf die Frage zu finden, unter welchen Umständen ein blinder, ungeplanter Naturprozeß eine so einzigartige Form der Verständigung unter Lebewesen hervorbrachte, wie sie die gesellschaftsspezifische Sprache darstellt, und in engster Verbindung damit eine so einzigartige Verschiedenheit und Bildsamkeit der Augen-, Nasen- und Mundpartien, daß sich, besonders aus der Sicht der Gruppenangehörigen, jeder einzelne Mensch durch bloßes Hinschauen als eine bestimmte, von allen anderen verschiedene Person mit eigenen Charakterzügen erkennen ließ." (Elias 1970Bger1, S. 259f.)

Die einzigartig differenzierte Mimik von Menschen - im Vergleich zu Tiergesichtern - ist Elias wichtiger als der aufrechte Gang und die Werkzeugseignung der vorderen Gliedmaßen; in ihr spiegelt sich jene Relationalität, jenes Aufeinander-Verwiesen-Sein, das er in der Serie der persönlichen Fürwörter wiederfindet:

"Der Begriff des 'Ego', wie ihn Freud oder Parsons gebrauchen, ist ein gutes Beispiel für diese Verwandlung eines Beziehungs-Begriffs in eine Art von Substanz- oder Ding-Begriff. Dabei ist es in höchstem Maß charakteristisch für die Stärke der um das Individuum zentrierten Vorstellungsrichtung, daß ein Soziologe wie Parsons das einsame 'Ich' aus der Serie der persönlichen Fürwörter herauslöst und ihm alle anderen Menschen, die wir realiter als Du, Er, Sie, Es, als Wir, Ihr und Sie erleben, als 'alter', als der 'Andere' gegenüberstellt." ...

"Es wäre z.B. interessant zu wissen, wie und warum beim Übergang vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen und während der entsprechenden Entwicklungsphasen anderer europäischer Sprachen Serien persönlicher Fürwörter des heutigen Typs in Gebrauch kamen." (Elias 1970Bger1, S. 133,135)

Elias' Kunst des Fragens konnte hier nur angerissen werden. Klare und präzise Fragen erfordern auch klare und präzise Antworten, Erklärungen, die sich nicht auf wolkige Korrelationen, halb verstandene Abstraktionen und theoretische Ungetüme beziehen, die weder aus der Anschauung gewonnen sind noch je auf sie zurückgeführt werden können.

Elias hatte - aus seiner Zeit in Leicester (Elias 1990Bger1, S. 94) - immer die Alptraumvorstellung, in ein Telephon zu sprechen, an dessen anderem Ende eine Stimme beständig sagt: "Sprechen Sie lauter, ich kann Sie nicht hören." Dies ist nun nicht mehr das Problem des Verstorbenen, aber wir sollten wohl dem Wunsch des damals Lebenden entsprechen, nicht mehr zu seinem, aber zu unserem Nutzen. Auf Elias Antworten zu hören verhilft zu mehr Verständnis hinsichtlich der Genese des heute allzu Selbstverständlichen. Auf seine Fragen zu hören schärft den Blick für dessen Veränderungen, erschließt erst den Horizont des "unvollendeten Projekts" (Habermas 1981b) der Moderne.

 

3. Alte und neue "Zivilisierungsstränge": 
Zu den Beiträgen im Buch und zur Erklärungskraft der Zivilisationstheorie

 

"Erst wenn sich ... zwischenstaatliche(n) und innerstaatliche(n) Spannungen ausgestragen haben und überwunden sind, werden wir mit besserem Recht von uns sagen können, daß wir zivilisiert sind. ...

Dann erst ... kann es die Regel sein, daß der einzelne Mensch jenes optimale Gleichgewicht ... findet, das wir so oft mit großen Worten, wie "Glück" und "Freiheit" beschwören: ein dauerhafteres Gleichgewicht oder gar Einklang zwischen seinen gesellschaftlichen Aufgaben, zwischen den gesamten Anforderungen seiner sozialen Existenz auf der einen Seite und seinen persönlichen Neigungen und Bedürfnissen auf der anderen. Erst wenn der Aufbau der zwischenmenschlichen Beziehungen derart beschaffen ist, ... daß es für alle ... zumindest möglich ist, dieses Gleichgewicht zu finden, erst dann werden Menschen mit größerem Recht von sich sagen können, daß sie zivilisiert sind. Bis dahin sind sie bestenfalls im Prozeß der Zivilisation. Bis dahin werden sie immer von neuem sagen müssen: 'Die Zivilisation ist noch nicht abgeschlossen. Sie ist erst im Werden.'" (Elias 1969Nger2, Bd.2, S. 453f.)

Norbert Elias beginnt (in der Erstauflage 1939Bger1) und beschließt seine Arbeit "Über den Prozeß der Zivilisation" mit dem Zitat von Holbach über die Zivilisation im Werden. Auch wenn man den hier sichtbaren Akzent des Zivilisationsbegriffes (vgl. zu solchen unterschiedlichen Akzenten z.B. Goudsblom 1984b, S. 142ff., oder Schröter 1990, S. 52ff.), nämlich eine allgemeine Richtung eines letztlich weltumspannenden Zivilisationsprozesses (im o.a. Text im Sinne umfassenderer Pazifizierung der Gesellschaft und ihrer Teile sowie einer Reduktion der Verhaltenszwänge auf das für die Aufrechterhaltung der hohen Differenzierung gesellschaftlicher Funktionen notwendige Maß angedeutet), nicht teilt, und andere Prozeßzusammenhänge zur Genese und Entwicklung der Moderne (mit) berücksichtigen will, so bleibt doch zumindest das Bild eines - geschichtlich gesehen - unendlichen Prozesses der Verflechtung von Zivilisationssträngen.

Dieser Prozeß beginnt in der Frühzeit (vgl. Goudsblom (1987) über die Zähmung des Feuers als Zivilisierungsprozeß) und endet nur mit der Geschichte der Menschheit selbst, einer in der Moderne durch die Entwicklung der Waffentechnik nur zu realen Perspektive, für deren Analyse der bei Elias im Vordergrund stehende Zivilisationsstrang der Bildung von Gewaltmonopolen (nunmehr im Weltmaßstab, vgl. Elias 1985Bger1) nach wie vor von erstrangiger Bedeutung scheint.

Fragen der Herausarbeitung und Verflechtung verschiedener Zivilisationsstränge zur und in der Moderne charakterisieren nun alle Beiträge zu diesem Band. Im ersten Abschnitt wird die oben unter c) erläuterte Perspektive einer eher metatheoretischen Fragestellung diskutiert. Es geht darum, inwieweit Elias' Zivilisationstheorie auch eine Erklärung spezifischer Züge der Moderne erlaubt bzw. sogar anstrebt, und inwiefern sie sich dabei in methodologischen, inhaltlichen und wissenschaftstheoretischen Fragen von anderen soziologischen Paradigmen und Positionen unterscheidet.

Artur Bogner versucht in seinem Beitrag "Die Theorie des Zivilisationsprozesses als Modernisierungstheorie" Kernaussagen der Zivilisationstheorie als eine nicht gesetzeswissenschaftlich orientierte Entwicklungstheorie zu reformulieren. Sie kann damit als Modernisierungstheorie "besonderer Art" verstanden werden, die historisch-idiographisch orientiert Entwicklungskontexte rekonstruiert. Elias' Betonung des Zivilisationsstranges "Prozesse der Monopolisierung von Gewalt" bzw. "Veränderung des Affekthaushaltes der Menschen zu mehr Selbstzwang und Selbstkontrolle" ergibt allerdings Wurzeln der Moderne, deren Annahme gängige Epochenschwellen der Modernisierung, wie Renaissance, Reformation, französische Revolution und englische Industrialisierung in ihrer Bedeutung relativiert.

Karl-Siegbert Rehberg stellt in seinem Artikel "Prozeß-Theorie als 'Unendliche Geschichte'" die Zivilisationstheorie als Forschungsprogramm nicht nur für die Wurzeln, sondern auch für die weitere Entwicklung der Moderne in den Mittelpunkt, da ihm das Verhältnis von Kontinuität und Erstmaligkeit in der Moderne wichtig erscheint. Rehberg sieht hier Prozeßzusammenhänge, die zwar mit der Entwicklung von - Gewalt monopolisierenden - Staatsgesellschaften eng verkoppelt sind, aber doch eigenständige Bedeutung gehabt hätten und ebenfalls in den Affekthaushalt der Menschen eingegriffen hätten, wie seit dem Spätmittelalter wirksame "Kapitalisierungsschübe", Konstitutionalisierungs- und Demokratisierungsprozesse (vgl. ähnlich Münch 1984, S. 311-380), oder Prozesse der Selbstdisziplinierung durch Religion und der anschließenden Säkularisierung religiöser Ethik (vgl. Hahn 1986). Rehberg bleibt allerdings bei dieser Kritik an Elias' s. E. zu sehr an einem Zivilisationsstrang orientierten Perspektive nicht stehen, sondern versucht Anhaltspunkte zu entwerfen, wie die Geltungsreichweite einzelner Prozeßzusammenhänge und -verkettungen aufbauend auf Elias bestimmbar wäre, und wie das bei Elias s. E. zu wenig herausgearbeitete institutionelle Gefüge sich in verschiedenen Figurationen verhaltenssteuerend und kontrollierend auswirkt.

Während Rehberg eine als Prozeßtheorie unterschiedlicher Zivilisationsstränge erweiterte Zivilisationstheorie (bzw. eine institutionstheoretisch vertiefte Figurationssoziologie) für durchaus geeignet hält, eine adäquate Analyse der Moderne zu liefern, wird dies von Gabor Kiss in seinem Beitrag "Systemtheorie oder Figurationssoziologie - was leistet die Figurationsforschung?" bestritten. Aufgabe eines allgemeinen Einleitung kann nun nicht die detaillierte Kritik einzelner Beiträge sein. Daher kann auch Kiss' Beitrag, der Elias' Ansatz unter dem Etikett der "Figurationssoziologie" rubriziert und ihn hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit dann mit einer "Systemtheorie" Luhmann'scher Prägung vergleicht, nicht in allen Punkten diskutiert werden. Aber einiges sei doch zu so grundsätzlicher Kritik gesagt.

Elias selbst hat dem "Figurations"-Begriff nicht die zentrale Bedeutung beigemessen, wie es manche seiner Anhänger getan haben; eine weit wichtigere Absicht seines Denkens war es, dem Prozeßcharakter (Mennell 1989, S. 251) des Gesellschaftlichen gerecht zu werden: Wenn wir gegenwärtige Strukturen studieren wollen, so müssen wir sie als geworden und werdend betrachten - in dem Sinne, daß sie auf Vergangenem aufbauen bzw. in aktuellen Prozessen darüber hinaus führen. Goudsblom, der sich am stärksten um eine Präzisierung des Begriffs der "Figuration" bemüht hat, unterschlägt nicht - wie Kiss - den prozessualen Aspekt; versucht den intentionalen wie den nichtintentionalen Eigenschaften sozialer Verflechtung Genüge zu tun; und stellt heraus, daß in der Tat soziale Interdependenzgeflechte nicht an den "Grenzen" der Person enden, sondern durch sie hindurchgehen und als psychische Prozesse in dem auf andere bezogenen Individuum weiter wirken (Goudsblom 1979a). Kiss jedoch suggeriert ein "Figurations"-Verständnis, das in einer formalen Soziologie nach der Art Leopold von Wieses zu finden wäre und das ein ähnlich von der empirischen Praxis abgelöstes Eigenleben führt wie der "System"-Begriff - und unterschlägt damit zugleich das gänzlich andere Verhältnis zur sogenannten "Theorie", das Elias hat. Alle Elias'schen Begriffe sind Leistungen des Verknüpfens zu verdanken, kognitiven Operationen, die in engster Tuchfühlung mit realen gesellschaftlichen Prozessen und Strukturen stehen - an Menschen in ihren konkreten Lebensumständen in ihrer weitgehenden Anschaulichkeit. Seine Begriffsbildungspraxis ist iterativ mit den Eigenschaften der beobachtbaren Welt verknüpft; rekonstruiert Anschauungsformen und Begriffe aus dem Sprachgebrauch, in einer historisch-prozessualen Perspektive. Das Verhältnis von, wie die Ethnomethodologen sagen, "Laientheorien" zu "wissenschaftlichen" Theorien wird von Elias nicht verdunkelt und vorschnell zu "technischen" Begriffen verkürzt; gerade die ausführliche Diskussion, die Elias der Genese der Begriffe "Zivilisation", "Sport" oder "Staat" widmet, zeigt eine Sensibilität gegenüber Sprache, der Komplexität sozialer wie sprachlicher Bedeutungen in der Erfahrungswelt der handelnden wie fühlenden Menschen, die Kiss' Bevorzugung eines systemtheoretischen und damit "technischen" Vokabulars u.E. vermissen läßt. "Daß der Begriff Kommunikation als Prozessieren sinnhafter Selektionen ein inhaltsreicherer Begriff als 'Verflechtungsordnung' in Form von 'Figurationen' ist, ist all jenen evident, die sich mit diesem Problem analytisch auseinandergesetzt haben" (Kiss, in diesem Band). Vielleicht ist es evident, aus dem Text geht es jedenfalls nicht hervor, und die Methode, auf ein vages Hintergrundverständnis zu verweisen, wird von Kiss leider nicht nur in bezug auf die von ihm bevorzugte Art des Theoretisierens, sondern auch auf die Darlegung der attackierten Position selbst angewendet. Von den Punkten, die Kiss erwähnt, sei beispielhaft nur das Verhältnis Individuum - Gesellschaft angesprochen. Zuerst geht Kiss von der angeblich bei Elias zu findenden "Wesensgleichheit" von Individuum und Gesellschaft auS.  Das hat Elias natürlich nie gesagt; was er u.a. gesagt hat, sieht so aus:

"Das, was man so oft in Gedanken wie zwei verschiedene Substanzen oder wie zwei verschiedene Schichten an dem Menschen trennt, seine 'Individualität' und seine 'gesellschaftliche Bedingtheit', das sind in Wahrheit nichts als zwei verschiedene Funktionen der Menschen in ihrer Beziehung zueinander, von denen die eine nicht ohne die andere Bestand hat." (Elias 1987Bger1, S. 90f.)

Der Unterschied zwischen Original und Rekonstruktion ("Wesensgleichheit") springt ins Auge. Weiters stellt Kiss dann die "theoretische Frage, wie Individuen Verflechtungsordnungen und Gesellschaften praktisch bilden. Damit meinen Figurationssoziologen offensichtlich eine Art von aktiver Partizipation, die aber in ihre theoretischen Überlegungen nicht näher einbezogen wird. Die Einwirkungen der 'Figur' auf die Gestaltung von Figurationen wird nicht näher analysiert." (Kiss, in diesem Band) Für ein Verständnis dessen hätte Elias besser die Systemtheorie studieren sollen. Nun, das hat Elias nicht getan, statt dessen hat er in mehreren Büchern und Aufsätzen empirisch solche Verflechtungsordnungen studiert und einige weitere Bände der Gedankenarbeit an den damit verbundenen Problemen gewidmet. Für besonders geeignet, das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft klarer zu machen, hält Kiss den Begriff der "Interpenetration" - der wechselseitigen Durchdringung. Er geht aber nicht auf die Argumente ein, mit denen Elias diesen Begriff explizit zurückgewiesen hat:

"Wie man sich auch eine solche 'gegenseitige Durchdringung' vorstellen mag, was kann diese Metapher anderes bedeuten, als daß es sich hier um zwei verschiedene Wesenheiten handelt, die zunächst getrennt existieren und die sich dann gewissermaßen nachträglich 'interpenetrieren'?" (Elias 1969Ager2, S. XIX)

Als soziologisches "Atom" schlägt Kiss den Begriff der "Kommunikation" vor. Was soll man dazu sagen, wenn hier Elias' ganze Einsicht in die Grenzen des philosophischen Weltbildes, das zur Reduktion des erkennenden Selbst auf ein "wirloses Ich", einen "homo clausus" geführt habe - mit den entsprechenden Folgen für das Konzept des "individuellen Handelns" - einfach beiseite gelassen wird? "Ein Knie geht einsam durch die Welt - es ist ein Knie, sonst nichts", sagt Elias mit Morgenstern über diese Vorstellung vom "individuellen Handeln" (Elias 1984Nger1, S. XXVI) als Atom des Sozialen - nichts anderes gilt für diesen isolierenden, Raum und Zeit transzendierenden, die Ebene biologischer und sozialer Ordnungen gleichsetzenden Begriff der "Kommunikation". Und wenn Kiss fragt, was Elias dagegen zu sagen hätte, daß nur Aspekte von Menschen und ihren Persönlichkeiten" in Figurationen eingingen - so vor allem dies: "Aspekte" können nicht handeln (unter verschiedenem Blickwinkel kann man wohl etwas betrachten); aber das, was als realer Zug unter einem gewissen Aspekt hervortritt, soll nicht verdinglicht als etwas erscheinen, das eine von allem abgetrennte Sonderexistenz führt: Die ontologische Verselbständigung analytischer Unterscheidungen (in "Substanzen", in einer Statik, zu der die Dynamik bestenfalls als äußerer Zusatz hinzukommt) ist es, die Elias nicht in Kauf nehmen will. Seine Denkweise ist "realistisch".

Kiss' radikales Plädoyer für ein Verwerfen der Zivilisationstheorie als allgemeinen Ansatz in der Soziologie spiegelt einerseits die - bedauerliche - Tendenz in der deutschen Soziologie wider, ihr Geschäft in paradigmatisch abgeschotteten Schulen zu betreiben, statt die Komplementarität und Subsidiarität der verschiedenen Ansätze angesichts der realen Komplexität der sozialen Wirklichkeit der Moderne anzuerkennen. Andererseits erschwert er die Diskussion um einige in der Sache ernst zu nehmende Kritikpunkte, wie die Frage des Organisationsbegriffes oder der Verflechtung verschiedener Interdependenzketten. Hier argumentiert Kiss ähnlich wie Rehberg.

Abseits einer aus Bunkern geführten Paradigmen-Schlacht "Figuration" versus "Kommunikation" hingegen vermag ein Blick auf die reale Ausformung von "Kommunikation" in der Gesellschaft - als Kodes, Medien und Öffentlichkeiten - sehr wohl die Diskussion um einen weiteren, für die Moderne bedeutsamen Zivilisationsstrang erweitern. Dies versucht der Beitrag von Alfred Smudits (s.u.).

Den Abschluß des ersten Abschnittes bildet Gerhard Fröhlichs Darstellung von Norbert Elias' Theorie der Wissenschaften. Elias' Versuche, die besondere Sicht eines "Menschenwissenschaftlers" erkenntnistheoretisch zu begründen und wissenssoziologisch zu erklären, ergeben für den Bereich der Wissenschaftstheorie ebenso beachtenswerte Anstöße wie seine Zivilisationstheorie für den Bereich der Soziologie. Insoferne Elias hier die Wissenschaften selbst als Prozesse untersucht, überwindet er eingeschliffene Demarkationslinien im Wissenschaftsbetrieb und hinterläßt ein "Anregungspotential" (Fröhlich), das noch bei weitem nicht ausgeschöpft ist.

Die Beiträge des zweiten Abschnitts befassen sich sich in ihren Hauptaspekten mit dem Wandel von aristokratischen zu bürgerlichen Öffentlichkeiten, Verhaltensformen, Selbstzwängen und Selbstkontrollen und versuchen dabei, Kontinuitäten und Brüche in der Entfaltung der Moderne als bürgerliche Gesellschaft auf dem "Fundament" der aristokratisch-höfischen Zivilisationslinie sichtbar zu machen.

Der Beitrag von Alfred Smudits über "Öffentlichkeiten und der Prozeß der Zivilisation" versucht in diesem Zusammenhang, die Konstituierung und den Wandel von Öffentlichkeiten als wichtigen Zivilisationsstrang zu skizzieren. Dabei unterscheidet er - für Elias-Kenner sicher ein wenig zu unbekümmert [10] - zwischen Prozessen der "Kultivierung" von Kodes (= gesellschaftlich relevante Zeichensysteme) im Sinne der Verfeinerung der Ausdrucksformen und Prozessen der "Zivilisierung" von Kodes im Sinne der Festlegung von Verhaltensformen. Alle diese Prozesse sind bedingt durch die Medien der Kommunizierbarkeit (Kommunikationstechnologien) und werden nach Smudits durch spezifische Öffentlichkeiten formbestimmt. Die traditionelle Öffentlichkeit höfischer Gesellschaft unterscheidet sich von der bürgerlichen Öffentlichkeit u.a. durch Veränderung der Körperkodes und die Verschiebung zu "literaler Kompetenz".

Mehr Kontinuität als Veränderung konstatiert hingegen Roland Girtler in seinem Beitrag "Höfische Lebenswelten heute". Verhaltensformen und Symbolisierungen sozialer Distinktion hätten den Übergang von der höfischen zur bürgerlichen Gesellschaft überdauert. Girtler deutet seine vielfältigen Belege für die These, daß "noble Distanz" auch heute in "höfischer Manier" demonstriert werde (schloßähnliche noble Wohnstätten, distanzierende Raumgestaltung und "Dienerschaften" in modernen Chefbüros, die Beliebtheit der Jagd, Parties als Fortsetzung höfischer Empfänge u.a.) sogar als Widerlegung des von Elias konstatierten Zivilisationsstranges "Verringerung von sozialen Kontrasten und Abschwächung von Verhaltensunterschieden" (Elias 1969Nger2, Bd.2, S. 342ff.). Damit schießt er u.E. ein wenig übers Ziel hinaus, denn bereits Elias selbst verweist auf die Durchdringung von Verhaltensweisen des Adels und des Bürgertums und auf den Prestigewert "durchgeformten" Verhaltens als Mittel der Unterscheidung gegen andrängende Unterschichten (ibid., S. 349f.). Wie Girtler (dieser spricht vom Menschen als "animal ambitiosum") attestiert Elias - allerdings diffenzierter vor allem den Oberschichten - Menschen den "Drang, sich zu 'unterscheiden'" (ibid., S. 344) und ein Verlangen nach höherem Prestige. Girtlers Ergebnisse wären durchaus im Sinne von Elias als Wellenbewegung zu vorübergehender "Vergrößerung der Kontraste" (ibid.) im Langfristprozeß der Diffundierung schicht- und kulturspezifischer Verhaltensformen über die gesamte Gesellschaft zu deuten, insofern das Bedürfnis nach Abwehr nachdrängender Schichten durch Betonung des Prestigewertes "zivilisierten" Verhaltens gerade beim traditionellen "Spitzen"-Bürgertum im Übergang zur "nachbürgerlichen" Phase der Moderne wieder wächst - ebenso wie vorher beim höfischen Adel "in der Zange von Königtum und Bürgertum" (ibidem, S. 350).

Auch Gerhard Vowinckel knüpft in seinem Artikel über "Bürgerliche Moralbegriffe: Rationalisierung durch Ausschaltung der Vernunft" an zentrale Aussagen von Norbert Elias an, indem er der Frage nach den Zivilisationssträngen Rationalisierung des Umgangs mit Menschen und Psychologisierung des Menschenbildes im Vergleich zwischen höfischem und bürgerlichem Habitus nachgeht. Während Elias im bürgerlichen Habitus noch einen Schub im Prozeß der Zivilisation sehe, insoferne als durch die Automatisierung der - bei den Aristokraten noch bewußt, also "rational" kalkulierten - Selbstzwänge als selbstevidente, moralische Pflicht kognitive und emotionale Ressourcen frei würden (für die Berufsarbeit), verweist dagegen Vowinckel darauf, daß dies kein bruchloser Rationalisierungsprozeß sei, im Gegenteil: das vorher "rationale" soziale Verhalten werde dem Selbst-Denken, der autonomen Vernunft der Individuen entzogen. Bürgerliche Rationalität im Sinne der Anpassung an funktionale Leistungserfordernisse der Berufsarbeit könnte dann auch Verlust an sozialer und psychologischer Kompetenz und Autonomie bedeuten, mit der für die Moderne charakteristischen Delegierung der Bewältigung der Probleme menschlichen Zusammenlebens an professionelle Helfer (z.B Psychotherapeuten, vgl. den Beitrag de Swaans in diesem Band) und "zuständige" Organisationen, wie Polizei und Pensionsversicherung. Jürgen Habermas hat diesen Prozeß des Eindringens "systemischer" Rationalität in das "vernunftlose Vakuum" bürgerlicher Selbstzwänge des Verhaltens aus anderer Perspektive "Kolonialisierung der Lebenswelt" genannt (Habermas 1981a). Für Vowinckel stellen diese Konsequenzen des Übergangs zur bürgerlichen Verhaltenssteuerung den einsinnigen und einheitlichen Prozeß der Rationalisierung der Seelenhaushalte und damit letztlich alle evolutionistischen Implikationen des Zivilisationsprozesses insgesamt in Frage.

Vowinckel illustriert und belegt die spezielle Qualität des bürgerlichen Habitus mit Romanen und Erziehungslehren der Aufklärung. Gerald Mozetic`º radikalisiert in seinem Beitrag "'Der Mann ohne Eigenschaften' und die Zwänge der Moderne" diese innerhalb der an Elias orientierten Soziologie etablierte Nutzung literarischer Quellen, indem er sich in detaillierter Auseinandersetzung mit Robert Musils berühmtem Roman und an dessen Zentralfigur Ulrich beschäftigt. Angesiedelt im Wien des Jahres 1913, am Ende der Habsburgermonarchie, in der aristokratisch-höfisches Leben und bürgerliche Welt als "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen" sich vermengen, verkörpert für Mozetic Musils Ulrich eher den Prototyp des an der Schwelle der Modernität stehenden Bürgers als den des "modernen Menschen" (Berger 1983) schlechthin, der vor dem Problem steht, Ratio, Emotion und Körper angesichts der (auch von Vowinckel angesprochenen) Verdrängungen in Einklang zu bringen.

Die Gegenwart spät- oder nach(?)-bürgerlicher, immer stärker durch die Zivilisationsstränge Technisierung, Konsumorientierung und wohlfahrtsstaatliche Versorgung geprägter, "moderner" bzw. von manchen als "postmodern" bezeichneter Gesellschaften wird im dritten Abschnitt behandelt. Komplexe Verflechtungen durchgängig auftretender und neuer Zivilisationsmuster, neue Freiheiten und neue Selbstkontrollen lassen die Frage nach einem "neuen Selbst" in den Mittelpunkt treten. Affekthaushalt und Sozialcharakter dieses modernen Selbst werden in den Beiträgen dieses Abschnittes im Spannungsfeld zwischen langfristigen zivilisatorischen Prozessen und aktuellen Tendenzen erfaßt: stärkere Gewaltkontrolle vs.  Informalisierung des Verhaltens, Hedonismus vs.  neue (Selbst- und Fremd-)Zwänge, mehr Zwang zur Langsicht vs.  neue Unübersichtlichkeit.

Abram de Swaan deutet in seinem Beitrag "Vom Befehlsprinzip zum Verhandlungsprinzip" eine zunächst als bloßen Übergang von der Fremd- zur Selbstkontrolle deutbare Erscheinung, nämlich das immer stärkere Auftreten von Agoraphobie nach dem Verschwinden von Ausgeh-Beschränkungen seit dem Ende des 19. JhdtS. , als Indiz für einen längerfristigen neuen Zivilisationsstrang, der nunmehr voll zur Entfaltung komme. Während vorher das Befehlsprinzip, also der äußere Zwang oder die verinnerlichte moralische Pflicht verhaltens- und affektsteuernd wirkten, beginne sich nunmehr das Verhandlungsprinzip durchzusetzen. Der rigide bürgerliche Habitus einer Verhaltenscodierung nach dem Prinzip erlaubt/nicht erlaubt wird ersetzt durch die Anforderung, das Verhalten und den Umgang mit Emotionen in Verhandlungs- und Abwägungsprozessen zwischen den beteiligten Personen festzulegen. Damit geht aber auch der Entlastungseffekt einer "Ausschaltung der Vernunft" (Vowinckel) wieder verloren, und Menschen reagieren darauf mit Angst bzw. Psychosen, wie de Swaan am Beispiel Agoraphobie materialreich dokumentiert. Der Übergang zum Verhandlungsprinzip ist für ihn sowohl im Bereich der Intimität (z.B. Sexualität, wo zwischen "consenting adults" alles erlaubt ist), als auch im Bereich der Öffentlichkeit beobachtbar: z.B. wird direktes Ausspielen von Macht in Organisationen durch konsensorientierte Verfahren zunehmend ersetzt (bzw. zumindest wird solches als Richtschnur postuliert). Auch hier sei ein Verweis auf Jürgen Habermas gestattet. Die zivilisationstheoretisch zentrale Frage nach der Durchsetzung des Verhandlungsprinzips im Gefühlshaushalt und Verhaltensrepertoire der Menschen wird als Frage der Diskursethik thematisiert (Habermas 1983). Das Verhandlungsprinzip bedeutet neue Freiheit im Leben der Menschen, aber auch neue Zwänge: den Zwang zur dauernden, konsensorientierten sozialen Kalkulation des eigenen VerhaltenS.  Nicht umsonst wurde ein Buch wie "Die Kunst, ein Egoist zu sein" (Kirschner 1979) zum Bestseller.

Das neue Selbst, dessen Gefühlshaushalt sich nach dem Wegfall eines moralischen Verhaltenskodex zum Hedonismus wandelt, der umfassend auf Märkten aller Art zu befriedigen ist, dieses neue Selbst, das sich aber doch unter dem steten Zwang, andere zu gewinnen, herausbildet, könnte kulturkritisch als "Marketing-Ich" (vgl. Fromm 1979, S.  kritisch Kuzmics 1989, S. 150ff.) bezeichnet werden. Diese kulturkritische Sicht einer negativen Bewertung der Informalisierungen und der (hedonistisch nutzbaren) Verhaltens- wie Verhandlungsspielräume der Moderne verwirft de Swaan, ebenso wie Sozialpathologien auf der Grundlage von psychoanalytischen Kategorien (wie "repressive Entsublimierung", "Narzißmus" etc.). Auf die identitätstheoretische Frage nach den Bedingungen des modernen Selbst geht er explizit nicht ein. Dies versucht Helmut Kuzmics mit seinem Beitrag "Das moderne Selbst und die Zivilisierung der Sexualität" in einer doppelten exemplarischen Vertiefung. Einerseits wird der Bereich der Sexualität, als "intimste" Welt des neuen Verhandlungsprinzips, andererseits als Quelle die Romane John Updikes herausgegriffen, insoferne sie ein "minutiös gemaltes Bild des amerikanischen Ehe- und Familienlebens" (Kuzmics) darstellen. Dieses Bild Updikes zeigt, gerade auch im Vergleich der beiden Romane "Rabbit Run" und "Couples", wie ein verhandlungsorientierter Umgang mit Sexualität und Emotionalität sich in der mittelständischen Angestelltenkultur Nordamerikas in den 50er und 60er Jahren entwickelt. Die Befreiung der Sexualität von Schuldgefühlen geht dabei einher mit neuen Selbstzwängen und engmaschigeren Kontrollnetzen, innerhalb derer das Ausleben der Sexualität abgestimmt werden muß: die Interessen der Kinder, der Partner, der Clique, der Karriere, der Wahrung von Besitz, der Hygiene, der Selbstachtung usw. Das "moderne Selbst", das hier sichtbar wird, ist für Kuzmics zunächst vor allem durch den Zwang charakterisierbar, im - größer werdenden - sozialen Raum eine präsentable (und damit Verhandlungskompetenz suggerierende) Fassade aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus ist es, insofern haltgebende Sozialbeziehungen, wie eben Liebe und Ehe, nach dem Verhandlungsprinzip auch jederzeit auflösbar sind, stärker auf sich selbst zurückgeworfen als vorher. Beziehungsängste und dementsprechend eine Fülle von Beziehungsratgebern (sei's am Buchmarkt als neue Fibeln einer "Etikette der Inimität", sei's am Therapie- und Therapeutenmarkt) sind die Kehrseiten der Medaille.

Die weitere Gestalt eines solchen modernen Selbst an ein mögliches Ende gedacht hat Ronald Hitzler in seinem Beitrag "Der banale Proteus". Die Suche nach einem Selbst hinter all den Gesichtern, die man wohlkalkuliert anderen zeigen muß, der wachsende Individualisierungszwang verstärkt für Hitzler zunächst die Nachfrage nach identitätsstiftenden Sinnangeboten. Diese Sinnangebote werden nicht als obligatorische übernommen, sondern bewußt und "rational" ausgewählt und bei Bedarf auch gewechselt (vgl. zu Fragen der lebensweltlichen Sinnstiftung Mörth 1986a), insbesondere auch angesichts des dauernden, alltäglichen Übergangs in und zwischen "kleinen" Lebens- und Zweckwelten. Hitzler spricht von einer "Sinn-Collage". Identität, früher soziale Selbstverständlichkeit, derzeit problematische Privatangelegenheit, könnte sich dann möglicherweise wandeln zu einer "endlosen Maskerade", zur "strukturellen Irrelevanz" des Subjekts und damit zur Existenz nur noch als wechselnde Gestalt, eben als Proteus, jener antike Meeresgott, der alle Gestalten annimmt.

Die Frage nach einer "postindustriellen" Verhaltenscodierung erhebt sich hinter den Überlegungen von Reinhard Blomert zu "Verfeinerung der Sitten - Verfeinerung der Technik". Er versucht zu zeigen, daß der starke Zivilisationsstrang der Dynamik ökonomischer Expansion und technischen Fortschritts durch Wandlungen in Richtung umweltbewußter Verhaltenscodierung geändert, gebrochen, vielleicht sogar aufgelöst wird. Er sieht den Übergang von einer "Pioniermoral" einzelner Randgruppen zur "Gesellschaftsfähigkeit" ökologisch orientierten Verhaltens bereits erreicht (zumindest im Sinne eines nicht mehr wegschiebbaren Rechtfertigungshorizontes). Dies ist für Blomert ein deutlicher Zivilisationsschritt, vielleicht sogar der Anfang eines neuen ZivilisationsstrangeS.  Die Entfaltung von Standards individuellen Verhaltens gegenüber der "natürlichen" Umwelt einschließlich entsprechender neuer Selbstzwänge und Selbstkontrollen bedeutet sicher zumindest eine Verschärfung des auf dem einzelnen lastenden Sozialisationsdruckes, aufgrund einer Veränderung der Mensch-Natur-Balance. Niklas Luhmann hat dies im Kontext seines Ansatzes sehr abstrakt als Frage einer "ökologischen Kommunikation" (Luhmann 1986) des - autopoietisch zunächst primär mit sich selbst beschäftigten - Gesellschaftssystems formuliert. Konkret geht es aber auch um die Begründung und Verhaltensrelevanz von Umweltethik (vgl. hier auch Mörth 1990, S. 169ff.)

 

Im letzten Abschnitt des Buches werden einige Schlaglichter auf Erfahrungszusammenhänge geworfen, die Menschen ganz direkt mit ihrer "natürlichen" Umwelt verbinden: auf die Sinne und auf die eigene Leiblichkeit.

"Wandlungen in der Wahrnehmung, Kontrolle und Gestaltung von Riechendem" interpretiert Eva Barlösius in der Arbeit "Über den Geruch". Der Geruch als einer der "körpernächsten" Sinne wurde dementsprechend im Zivilisationsprozeß einem besonderen Distanzierungsprozeß gegenüber der unmittelbaren Naturerfahrung unterworfen. Riechen, als Orientierung in der Welt durch Geruch, wurde als Relikt der animalisch-barbarischen Herkunft des Menschen, so Barlösius, rigide kontrolliert (im Kontext von Hygieneregeln) und verfeinert (als Parfüm). Emotionalisierte Bändigung und angstvolle Kontrolle der Gerüche kennzeichnet die Sozialgeschichte des Geruchs und manifestiert sich heute in der wachsenden Nachfrage nach technisch herstellbaren bzw. beherrschbaren Parfüms und Aromastoffen, die auch vielfältige Manipulationsmöglichkeiten über diesen "irrationalen", weil nicht bewußt decodierbaren Wahrnehmungskanal eröffnen.

Eine letzte Facette, die aber doch auf einen wichtigen Gedanken im Kontext von "Zivilisation" und "Natur" hinführt, zeigt sich in der kritischen Auseinandersetzung von Werner Lütke mit dem Konzept der Zivilisationskrankheiten in seinem Artikel "Über die Nützlichkeit eines realitätsgerechteren Zivilisationsbegriffs in der Medizin". Vor allem in der deutschen Medizingeschichte wird Zivilisation als Summe "lebenserleichternder" Zivilisationsgüter samt einer entsprechenden Lebensweise begriffen, die zu Schäden und Krankheiten führen kann, weil sie Mißbrauch und ein allzu bequemes Leben fördere. Lütke versucht, dieses Konzept einer kulturkritisch- pessimistischen Projektion der traditionellen "Spezialisten des Körpers", der Ärzte, denen wir entsprechende Definitionsmacht gegeben haben (vgl. de Swaan, in diesem Band), zu hinterfragen. Er schlägt vor, mit Elias konkret nach Belastungen durch den realen Zivilisationsprozeß für Leib und Seele des einzelnen zu suchen, also Zivilisationsnöte als Hintergrund von psychosomatischen Krankheitsbildern (und nicht nur von psychiatrisch definierten Phänomenen) ernst zu nehmen.

Anzumerken bleibt, daß eine solche zivilisationstheoretisch fundierte Sicht des modernen Menschen auch eine andere Medizin und einen anderen Umgang mit dem Körper generell impliziert. Wilhelm Reich und Alexander Lowen haben z.B. in ihrem Konzept der Bioenergetik etwas emphatisch die Befreiung des in den Zwängen der Zivilisation zum Panzer gewordenen Körpers proklamiert. Insgesamt zeigt sich hier vielleicht, daß Zivilisationsprozessen doch in der Leiblichkeit des Menschen Grenzen gesetzt sind, die nur in der extremen Langfristperspektive biologischer Evolution verschiebbar sind. [11]

 

Anmerkungen

1 Vgl. z.B. W.Lipp (1984, S. 9): "Kultur ist zu verstehen als Zusammenhang zum einen objektiv vorgegebener, an materielle Träger gebundener, auf die Handlungswelt 'ausstrahlender' Sinninhalte ...; sie ist zu verstehen zum anderen als ... handlungspraktischer Kontext: als Geschehensraum nicht nur der Sinnorientierung, sondern der ... Sinnbestimmung. Erfaßte man lediglich die erstgenannte ... Dimension ..., stünde man in Gefahr, Kultur als Ensemble abgehobener ... Formen in der Tat ... als vermeintlich Höheres ... fetischistisch abzusetzen." [zurück]

2 Die Unschärfe der Konzeptes "Moderne" liegt vor allem in der Tendenz, damit jeweils eine besondere Komponente zu verbinden: "Es gibt verschiedene Zugänge zu einem Verständnis der Moderne. Viele von ihnen beschränken sich auf eine zu einseitige Sichtweise. So kann man in der Entwicklung der Moderne im wesentlichen die Entfaltung des Kapitalismus sehen. Oder man erkennt die Monopolisierung der Gewalt durch den Staat als den Kern der Herausbildung der Moderne. Ebenso kann man die Bürokratisierung, die Demokratisierung, die rechtliche Rationalisierung und die moderne Verfassung in den Mittelpunkt rücken. Wieder eine andere Sicht könnte die Institutionalisierung der Bürgerrechte und die Bildung der modernen gesellschaftlichen Gemeinschaft zum Azusgangspunkt wählen. Schließlich ist auch eine besondere Akzentuierung der modernen Kultur der Aufklärung mit ihren Komponenten der modernen Wissenschaft, Kunst, universalistischer Moral und zivilen Religion möglich. Es finden sich genügend Ansätze, die Moderne aus einer dieser besonderen Perspektiven zu begreifen" (Münch 1984, S. 11) [zurück]

3 Dieses Symposium fand im Jänner 1990 als Veranstaltung der Sektion "Kultursoziologie und Kulturforschung" der österreichischen Gesellschaft für Soziologie in Linz/D. statt. [zurück]

4 Diese frühe Überzeugung Elias' von der Bedeutsamkeit adäquater Begriffsapparaturen läßt sich vielleicht mit Hönigwalds und Kants Einfluß erklären (wenn Elias auch, anders als jene, Begriffe wissenssoziologisch behandelt), es ist aber wahrscheinlich, daß sich Denkformen und Beobachtungsgewohnheiten beim einzelnen noch viel früher ausbilden, als man mit Stadien formaler Bildung zu belegen vermag (Elias stellte hier den Rang der historischen und altphilogischen Ausbildung amGymnasium heraus, aber vermutlich greift auch das zu kurz). [zurück]

5 Auf die Frage "Denken Sie, es war Ihre eigene Wahl, daß die Arbeit für Sie so wichtig geworden ist?", antwortet er: "... Ich glaube nicht, daß man je sagen kann, etwas geschehe aus eigener Wahl." (Elias 1990Bger1, S. 9). Dasselbe sagte er auch von anderen sog. "Lebensentscheidungen", wie nach Deutschland zurückzukehren etc. : "Ich bin hineingeglitten. So war es immer in meinem Leben." [zurück]

6 "Das Studium der sozialen Entwicklung von Begriffen und dementsprechend auch Theorien der Begriffsentwicklung sind (ist) in unseren Tagen noch ein wenig unterentwickelt. Daher ist es vielleicht nicht ganz einfach zu erkennen, daß der Begriff lo stato, der sich im Zeitalter Macchiavellis mit seinen jeweiligen lokalen Abwandelungen in den verschiedenen Laiensprachen Europas einbürgerte, nicht einfach eine Übersetzung des Begriffs 'res publica' darstellte, der im Verkehr der lateinisch sprechenden Menschen gebräuchlich war ... Es war offenbar ein Erfahrungsgrund vorhanden, der die Träger dieser Sprache veranlaßte, auf die Stufenleiter der begrifflichen Synthese (oder um den wenig präzisen, aber bekannteren Ausdruck zu gebrauchen, der 'Abstraktion') eine Sprosse höher zu steigen und einen Begriff zu gebrauchen, der sich auf alle Königreiche, alle Fürstentümer und Republiken zugleich bezog." (Elias 1982Ager3, S. 111) [zurück]

7 Besonders beliebt ist dieser Vorwurf in England. Ein Beispiel unter vielen ist Tester 1989, beS.  S. 163f. [zurück]

8 Auch aus diesem Grund ist die Vermutung der Interviewer zurückzuweisen (Elias 1990Bger1, S. 76), die Elias' Motivation, "über den Prozeß der Zivilisation" zu schreiben, mit seinem Versuch, die besondere Gewalttätigkeit Deutschlands zu erklären, begründen. In der Tat hat sich Elias im Prozeß-Buch vor allem mit der von Luchaire dokumentierten Gewalttätigkeit französischer Ritter befaßt. [zurück]

9 Jahrzehnte später (der Aufsatz "Die Gesellschaft der Individuen" wurde 1939 geschrieben, der hier zitierte Beitrag "Wandlungen der Wir-Ich-Balance" 1987) drückt Elias verwandte Überlegungen bezüglich reduktionistischer Denk- und Forschungsgewohnheiten noch plastischer aus: "Ein Mensch, so wird impliziert, könnte recht gut auch auskommen, wenn er oder sie auf die Dauer ganz für sich und ohne Gesellschaft mit anderen lebte, als vereinzelter Organismus, wie ihn die Mehrzahl der Biologen vor Augen haben oder auch die Paläoanthropologen etwa bei einem Skelettfund." (Elias 1987Bger1, S. 259) [zurück]

10 Elias vermeidet es aufgrund der Begriffsgeschichte des Konzeptes "Kultur" im dt. Idealismus, von Kultivierung zu sprechen (vgl. Elias 1989Bger1). Auch verbleibt sein Begriff von Zivilisation im Horizont des zugrundeliegenden Konzepts der 'civilité'. Doch bezieht er, ebenso wie Smudits, dieses Konzept auf Verhaltenscodierungen und beschreibt sehr wohl Verfeinerungen kultureller Formen. [zurück]

11 Konsequenterweise wird jedoch auch diese Grenze manipulierbar gemacht. Die Gentechnik eröffnet den Zugang zu "Zivilisationssträngen" noch nicht diskutierbaren Ausmaßes.  [zurück]